oder: Die Kunst der Entleerung
Heute kümmere ich mich einmal um ein etwas heikles Tabuthema – den Stuhlgang, und dies wird wohl eher auch kein lustiger satirischer Beitrag (glaube ich). Ich habe mir tatsächlich lange überlegt, ob ich es nicht vielleicht lieber lassen sollte. Es muß ja heutzutage alles irgendwie so formuliert werden, daß man nicht gleich wieder in irgend eine Art von Shadowban gerät. Ich muß also – im wahrsten Sinne des Wortes – um den heißen Brei herumreden. Außerdem reichen etwa die 2200 erlaubten Instagram-Zeichen selbst ohne Hashtags bei weitem nicht aus, um das Thema halbwegs nachvollziehbar zu beschreiben. Von daher sollten Kurzstreckenalphabeten an dieser Stelle jetzt einfach weiterziehen.
„Immer locker durch die Hose atmen!“ Das sagten wir früher oft, wenn einer unserer Kumpels auf Eskalationsmodus schaltete. Und dieser Spruch beinhaltet im Grunde auch schon die Kernaussage meines Gesundheitsratschlages, der (hoffentlich) euer Leben insofern verändern wird, als ihr euch künftig leichter erleichtern können werdet. Aber keine Angst – ich mache hier jetzt keine Pharmawerbung (ich heiße ja nicht Lauterbach), und es geht auch nicht um irgendwelche Hildegard-von-Bingen-Hausmittelchen. Ihr braucht überhaupt nichts außer einen (im Idealfall langen) Atem.
Und so begann es: Vor nicht allzu langer Zeit passierte es mir innerhalb weniger Tage gleich zweimal, daß ich auf dem Klo saß – groß – , und nach einiger Zeit blieb alles stecken, d. h.: Die eine Hälfte noch drinnen, die andere schon draußen, und nichts ging mehr – weder vor noch zurück. „Ja gut, harter Stuhl halt, das gibt es schon mal! Trink halt mehr Wasser oder Kümmel-Fenchel-Anis-Tee, nimm Magnesium bla bla…!“, könnte man jetzt natürlich empathieloser Weise sagen. Dafür war es nur leider in dem Moment zu spät.
Die erhoffte Erleichterung kam zwar etwas später dann doch noch – glücklicherweise sogar ohne chirurgische Selbstversuche – doch der ganze Prozeß hat nun mal mindestens 25 Minuten gedauert. Ein solch hoher Zeitaufwand war für mich bislang – trotz des fortgeschrittenen Alters, in dem ich ja schon so einiges erlebt hatte – eine völlig neue Erfahrung. Das hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nur ein paar Mal bei Hunden beobachten können. Ich hatte bis dahin auch nie so richtig verstanden, warum in manchen Klosetts so viele Zeitschriften und Romane herumliegen. Ich war eigentlich immer der Meinung gewesen, die Leute benutzen das evtl. nur als Klopapier oder Na-ja-ihr-wißt-schon-Vorlage, aber jetzt wurde ich eines besseren belehrt.
Und so kam es, daß ich mir darüber Gedanken zu machen begann, wie man das Benutzererlebnis im Sanitärbereich etwas optimieren könnte. Als Quartalsjogger wußte ich ja bereits aus eigener Erfahrung: Das Wichtigste beim Laufen sind nicht etwa Rennsandalen, Sportuhr, Brustgurt oder Kompressionsstrümpfe. Nein – am Allerwichtigsten sind Taschentücher!!! Ich selbst bevorzuge da übrigens meistens „Tempo“, denn wie der Name schon sagt, kann man damit schneller rennen 😉
Aber egal, die Dinger sind jedenfalls ganz essentiell, ansonsten kann es nämlich durchaus passieren, daß man schon nach kürzester Zeit aufgesch(m)issen ist, und wenn man dann nicht schleunigst einen intimen Rückzugsort findet, kommt es evtl. zum Malheur… Ja, ich weiß schon, man sollte sich freilich am besten schon vorher entleeren, also BEVOR man losläuft, aber das klappt(e) halt in der Praxis nicht immer so auf Kommando – besonders, wenn man sich kurzfristig zu einem kleinen Waldläufchen entschließen sollte und einem nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung steht.
Infolge der beiden traumatischen Erlebnisse begann ich jedenfalls, intensiv darüber nachzudenken, was wohl genau die Ursache dafür sein könnte, daß dieses „Phänomen“ zwar beim Laufen auftritt aber z.B. nicht bei – sagen wir mal – 50 km Radfahren. Beim Radeln ist der Fall klar: Ich langweile mich auf ebenem Gelände, bergab ruhe ich mich aus, und bergauf geht es (leider) recht schnell in die Schnappatmung. Und beim Laufen – also, ich meine jetzt nicht irgendwelche Hechel-Wettkämpfe, sondern gechilltes Spazierenjoggen? Man atmet in relativ langen Zügen die Luft tief ein und wieder aus. Bei jedem Einatmen erzeugt man im Bauchraum einen Überdruck, und der Körper versucht, sich irgendwie Platz zu schaffen. Es dürfte also mutmaßlich irgend etwas mit der tiefen gleichförmigen Atmung beim Laufen zu tun haben.
Begriffe aus dem längst verdrängten Physikunterricht übernahmen die Vorherrschaft in meinem Gehirn: Beschleunigung. Aufprallgewicht. Schwerkraft. Trägheit der Masse. Verdrängung. Luftballons … Luftballons! …… L U F T B A L L O N S ! ! ! …
Tja, und so wurde meine mittlerweile bevorzugte Entleerungstechnik geboren. Sie ist relativ einfach zu handhaben: Man sitzt also auf dem WC wie immer, atmet soviel Luft wie möglich so tief wie möglich ein. Dann hält man sie für einige Sekunden an (je nach Fitness zwischen 10 und 20 Sekunden) und atmet sie schließlich wieder aus. Hierbei den Bauch einzuziehen kann helfen, das gewünschte Ergebnis noch schneller zu errreichen. Allerdings sollte man das nicht zu sehr übertreiben – der Bauchnabel muß nicht unbedingt von innen die Wirbelsäule berühren! Bei dem Vorgang wird ansonsten nicht gedrückt, pepreßt oder sich sonst irgendwie verrenkt (und auch keine Romane gelesen!). Der Sitzwinkel, den professionelle Gesundheitswebseiten gerne mit 35-45 Grad als ideal bezeichnen, sollte zumindest beim Einatmen eher aufrecht sein – da bekommt man mehr Luft rein.
Oft funktioniert das schon beim ersten Mal. Es kann aber sein, dass man den Vorgang mehrere Male wiederholen muß. Das wars auch schon , das ist schon der ganze Trick. Probiert es mal aus, und ihr werdet sehen: Spätestens nach fünf, sechs Wiederholungen flutscht alles von ganz allein, und der Stuhlgang wird zu einem kurzweiligen Erlebnis.
Isn’t this amazing!? Ich habe mir in der Zwischenzeit mehrere Gesundheitsratgeber angeschaut und nirgendwo etwas über meine „Luftballon-Technik“ finden können. Doch klärt mich gerne auf, falls ich da was übersehen haben sollte. Jetzt muß ich mir natürlich noch einen schicken (am besten lateinischen oder griechischen) Namen überlegen. Vielleicht habt ihr ja eine Idee. „Luftballon-Technik“ klingt etwas zu banal. …
Sicherheitshalber möchte ich jedoch darauf hinweisen: Ich bin KEIN Arzt, und deshalb richtet sich dieser Tipp ausschließlich an ansonsten gesunde Menschen, die da vielleicht gelegentlich mal (Zeit-)Probleme haben! Es kann (und wird) sicher diesbezüglich vorerkrankte Menschen geben, für die das alles überhaupt nicht in Frage kommt.
Für Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker!