„Dieses Jahr wird noch einmal alles wie gewohnt stattfinden. Brave Kinder werden definitiv am 6. Dezember ihre Geschenke bekommen!“ Dies versicherte mir der Hl. Sankt Nikolaus im Rahmen eines Exklusiv-Interviews, das ich anläßlich seiner anstehenden World-Tour 2017 mit ihm führen durfte. „Doch nächstes Jahr könnte es soweit sein, daß ich meinen Schlitten endgültig an den Nagel hängen muß.“ So saß ich heute in der Katharina-von-Bora-Gemeinde einem äußerst deprimierten Heiligen gegenüber.
Die Misere hat viele Gründe. So sieht sich der Heilige Nikolaus von Myra etwa immer weniger in der Lage, dem Konkurrenzdruck aus Übersee etwas entgegenzusetzen. Ein großer Teil des einstigen Kundenstamms begnügt sich heutzutage lieber mit der mittelmäßigen Cover-Version namens „Santa Claus“, einem wilden US-Burschen, der die Zeit der Stille und Besinnung zum hysterischen Event degradiert hat, und der in Begleitung eines halben Dutzends Coca-Cola-Trucks bei seinen „Gift-Events“ aufschlägt, um die Kinder zu „rocken“.
Erschwerend kommt für den Helden unserer Kindheit noch hinzu, daß er heuer „den ganzen Laden alleine schmeißen muß“. Knecht Ruprecht wurde vor ein paar Jahren wegen schwerer Körperverletzung in 20 Millionen Fällen zu lebenslänglicher Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Kürzlich brannte auch noch die langjährige Putz- und Bügelfrau Gunda mit einem katholischen Pfarrer durch.
Last not least kämpft der Nikolaus auch sehr mit einer gewissen Marktübersättigung in unserer Überflußgesellschaft. Schon im Sommer sind alle Supermärkte bis an die Zähne mit Äpfeln, Nüssen, Mandelkern und Persipan-Stollen bewaffnet – mit sowas kann man drei Monate später nur schwer jemand hinterm Ofen vorlocken.
Die Situation ist verzwickt. Ob es eventuell doch weitergeht, hängt von demnächst stattfindenden Fusionierungsgesprächen mit dem Osterhasen ab.